Kapitel 3: Farbwechsel

Kapitel 3: Farbwechsel

3. Etappe – Isarradweg
München – Bad Tölz (Arz
bach)

Etwas wehmütig trennen sich unsere Wege. Die Freundin, bei der ich übernachtet habe begleitet mich noch ein Stück an der Isar entlang, bis sich beim Tierpark unsere Wege trennen. Wir sind bis dahin antizyklisch zum Arbeitsradverkehr gefahren und ich bin bald ziemlich alleine auf dem Weg. Denn der führt ziemlich auf und ab und in wirren Abzweigungen durch den Wald. Ich frage mich wie diesen Weg wohl die E-Bike-Rentner schaffen, die mir bisher am häufigsten entgegen gekommen sind. Ein paar kommen mir entgegen mit verbissener Miene. Und ja, Caturix tut hier Not.
Aber ich bin der Freundin sehr dankbar, dass sie mir noch ihre Radhose aufgeschwatzt hat, die ich nun nach ihrer Empfehlung über meiner eigenen trage. So lassen sich die Hubbel und Wurzeln halbwegs Schmerzfrei überfahren. Sie hat mir im wahrsten Sinne des Wortes den Arsch gerettet.
Bei Gründwald angekommen endet leider der schöne kurvige Radweg und ich quäle mich ein paar Landstraßenserpentinen den Berg hoch. Klischee mäßig werde ich natürlich gleich von mehreren teuren Sportwagen überholt, die aber alle rücksichtsvoll guten Abstand zu mir lassen – haben wahrscheinlich eher Angst um ihren Lack… 😉
Etwas abseits der Isar geht es hoch gelegen durch den Wald, ab und zu kann man den Fluss unter dem Hang erahnen und bald schon gibt es eine unglaublich schnelle und steile Abfahrt. Und ich bin wieder froh drum, dass ich den Weg antizyklisch fahre.
Und dann komme ich ziemlich schnell schon wieder am Ufer der Isar an, hier ist sie fest in ein Korstett zementiert und extrem Kanalartig und ein Wehr bremst sie etwas aus.

Isar oder Wattenmeer? 😉

Nachdem ich die berühmt berüchtigten Partyflöße auf mich zu kommen sehe, mache ich eine kurze Pause und schaue mir das Ganze an.
Ein Floß hat sogar eine Rockabilly Band an Board mit Contrabass und Schlagzeug… Besser als die Mallorca-Kalles auf dem Floß zuvor.
Mein Weg führt weiter und bald habe ich Wolfratshausen hinter mir gelassen.
Nach ein paar Kurven gelange ich wieder zur Isar und siehe da! Ihr Antlitz hat sich vom dreckig-braunen, in einen kristallblauen, klaren Fluss gewandelt. Ich mache noch einmal eine kurze Pause und kühle meine Füße. Die Kiesbänke laden hier wirklich zum Verweilen ein.


Doch lange hält es mich nicht, ich möchte weiter fahren.
Der Weg ist wieder sehr abwechslungsreich und auch verhältnismäßig schmal. Macht aber unglaublich Spaß in diesem Moment. Auch hier freue ich mich erneut nicht mein anderes Radl genommen zu haben. Caturix schnurrt förmlich über die Hubbel, Steine und Wurzeln. 🙂
Bis er wieder von der Isar weg und durch eine Ortschaft durch geleitet wird.

Malerwinkel: In Echt sieht es hier noch viel besser aus!

Bald geht es ein gutes Stück bergauf, auf Schotterweg durch den kühlen Wald. Angekommen beim Malerwinkel bietet sich eine unglaubliche Sicht auf die Isar, die sich beinahe als Canyon herausgeputzt hat. Tief unter mir fließt sie, umsäumt von Wald und Grün entlang. Das Wasser bildet einen tollen Kontrast zum dunklen Wald.
Leider tummeln sich hier einige Leute und so beschließe ich weiter zu fahren. Ein Stück noch bergauf, dann geht es wieder bergab und der Wald lichtet sich!
Und obwohl ich auch an diesem Tag wieder mit mir gehadert habe ist jetzt der Moment an dem nur mit einem Augenaufschlag klar wird warum ich das hier mache!
Vor mir zeigen sich das erste Mal die Alpen. Diesig zwar, aber sie sind näher als bisher zuvor!
Und von jetzt an habe ich sie fast immer im Blick. Hier vor Tölz sind es eher sehr große Hügel, aber man sieht schon die nächste Bergschicht hoch über ihnen emporragen.
Berge!
Ab jetzt wird es besser! Ab jetzt habe ich ein Gefühl von „auf Tour sein“. Jetzt bin ich weg aus München, weg von daheim! Auch der (wirklich) schmerzende Arsch ist auf einmal Nebensache.
Die Tatsache, dass ich morgens in München los fahre und bereits Nachmittags in Bad Tölz und somit in den Voralpen bin, scheint irgendwie noch sehr unwirklich. Aber ja! Ich habe es in einem Tag mit dem Radl in die Berge geschafft!

Als ich eine kurze Trinkpause mache, treffe ich ein Mädel aus München. Wir kommen ins Gespräch und beschließen noch bis Tölz zusammen zu fahren und dort noch ein Eis essen zu gehen. Sie ist wie ich morgens in München gestartet und fährt den Isarradweg auch antizyklisch.
Und irgendwie sind wir damit aus unverständlichem Grund alleine. Denn warum sollte man denn von Bergen weg fahren – mit den Bergen im Rücken und nicht, mit dem Ziel stets vor Augen, dort hin zu fahren wo man hin möchte?
Bald sind wir in Tölz angekommen. Kühlen uns in der kristallblauen Isar ab und genießen den Blick von hier auf die schön kitschig anmutende Altstadt von Tölz.

Tatsächlich essen wir noch ein Eis, ich kaufe eine Postkarte und schließlich geht es dann weiter in Richtung Unterkunft. Sie muss weiter nach Lenggries, ich habe es nicht mehr ganz so weit.
Die Strecke hinter Tölz fühlt sich wie ein Kurztrip durch Schweden oder Südnorwegen an. Lichter Birkenwald mit Fichten durchsetzt. Neben uns grasen ein paar Ziegen und es riecht nach Spätsommer. Was für ein schöner Ort das hier ist!

Dann trennen sich unsere Wege. Ich checke in mein B&B ein, gehe noch etwas essen und trinken und beobachte die Hühner vor meinem Fenster. Und wie sich die Regenwolken langsam über die Gipfel der Berge schieben.
Denn morgen soll das Wetter nicht so schön sein. Aber abwarten, es sagt wieder jeder Wetterbericht was anders.
Erstmal muss eine mückenreiche Nacht überstanden werden…

Etappe: 72,49 km, 5:25 h*
APL: 8 von 10

*ich habe zwischenzeitlich vergessen das Navi auf „Pause“ zu stellen, in Wirklichkeit waren es etliche Minuten weniger.

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