Jurasteig ~ Tag 1

Jurasteig ~ Tag 1

Genau ein Jahr ist es jetzt her, dass ich meine Spätherbst Wanderung in Angriff genommen habe.
Es waren vier sehr ruhige, ab und zu auch anstrengende, aber auch erholsame Tage, die mich zum Ende des Jahres nochmal geerdet haben.
Eigentlich schreibe ich zu keinem meiner Lieblingsziele mehr dazu, wo sie sich befinden. Einfach nur um zu vermeiden, dass es überrannt wird.
Aber da dieser Blog hier eh nur von sehr wenigen ausgewählten Persönchen gelesen wird, und vor allem keine Sau im Dezember Wanderungen über mehrere Tage in Angriff nimmt, mache ich hier mal eine kleine Ausnahme. 😉
Wer also dem Matschwetter nicht scheut und Lust auf Einsamkeit, leere Wanderwege und Ruhe hat, dem sei dieser Weg zu dieser Jahreszeit wärmstens empfohlen. (Yep, pun intended!)

Hier ein paar Bilder und viele Worte vom Jurasteig bei, sagen wir mal, mystischen Lichtverhältnissen.

Tag 1: Kelheim – Bad Abbach ~ 21,6 km

Kälte zieht mir in die Glieder, als ich in Saal (Donau) auf den Bus warte.
Drei der Kutschen stehen vor mir, aber keiner beherbergt Fahrer und so stehe ich und warte. Laufe auf und ab. Ich möchte schon laufen, aber nicht hier während die Kälte in die Glieder zieht und die eigentliche Abfahrtszeit um diverse Minuten überschritten wird.
Irgendwann kommt ein Fahrer, der mich netterweise mit nimmt und so komme ich wieder halbwegs aufgewärmt an meinem Startpunkt Kelheim an.
In diesem Jahr war ich hier in der Gegend öfter, zumal hier der der Altmühltal Radweg endet.
An diesem Tag weiß ich noch nicht, dass ich in knapp 6 Monaten hier in der Nähe meine ersten Gehversuche am Fels stattfinden werden. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich hier auch nicht teilen werde. 🙂

Nach dem obligatorischen Selfie vor dem Regenschleiher verhangenen Weltenburg, geht es schnurstracks durch die Stadt. Nach ein paar falsch genommenen Abzweigungen gelange ich auf den richtigen Weg.
Dort werde ich gleich mit demotivierenden Bibelphrasen empfangen. Vielen Dank auch.

Den Hügel erklommen, die Kreuze links liegen gelassen, tauche ich ein in einen wunderschönen Mischwald. Aus Regen, wird Schneeregen, wird Schnee. Nebel verhängt die Sicht durch die Bäume hinunter in das Tal. Bald schon tauche ich immer mehr in den Wald ein, Motorenlärm wird weniger. Um mich herum nur noch meine Schritte, das leichte Geräusch des Schnees und da! Ganz leise fiepsen Vögel im Nasskalt. Bussarde durchbrechen jäh die Stille, wenn sie kreischend mit großen überraschend lauten Schwingen in die Lüfte steigen. Hier und da knackt ein Ast, raschelt es im nassen, braunen Laub.

So führt mich der Weg mal weg, mal hin zum Wald, bald komme ich an ein rotes Flatterband mit einem Zettel: „Jagdgebiet, Sperrung von … bis…“
Zum Glück bin ich einen Tag zu früh und so schlendere ich weiter. Leider hört der Schnee auf, doch die Wolken hängen dicht über den Wipfeln der Bäume.
Moos leuchtet mir grün entgegen. Es tropft schwer von den Kiefernnadeln um mich herum.
Noch fühle ich mich ganz alleine auf diesem Weg, doch bald mache ich kurze Bekanntschaft mit einem Jäger – jener, der die Flatterbänder aufgehangen hat. Seine Hündin gibt Laut, befindet mich aber dann doch nicht als störend und läuft dann freudig auf mich zu, holt sich eine kurze Krauleinheit ab und läuft wieder zu Herrchen.
Kurz unterhalte ich mich mit dem Jäger. Die Jagd ist wirklich erst morgen und ich darf die Flatterbänder ignorieren.
Keine Viertelstunde später finde ich im Moosbedeckten Waldboden eindeutige Spuren, die nur Wildschweine hinterlassen haben. Wer mich näher kennt, weiß, dass ich ziemlichen Respekt vor diesen Tieren habe. Zumal man sie an dieser Stelle schier riechen kann. (Schwarzkittel riechen ähnlich wie Liebstöckel oder Maggi) Aber Angst habe ich hier nicht. Eher Mitleid. Befürchte ich doch, dass das morgen eine Drückjagd werden wird…
Neugierig suche ich mit den Augen das Dickicht um mich herum ab, doch sie haben sich entweder weiter zurück gezogen, oder verstecken sich einfach nur gut.


Weiter geht es durch den Wald, bald durch Felder, an Höfen und kleinen Ortschaften vorbei. Das Wetter wird mehr ungemütlicher, Regen und Schnee wechseln sich ab. Der Forstweg wird zur Matschigen Pfütze und der Wind frischt auf.
Zeit für Musik. Ein paar der Lieder werden mich den Weg lang begleiten. Weil manche von ihnen einfach zu passend sind, erinnern sie mich auch Monate später noch an diese Wanderung und füllen mich mit genau dem Gefühl das ich auf meinem Weg hatte. 🙂
Einige kurze Trink- und Essenspausen später, treffe ich auf einem etwas unschönen Stück weg einen Bauer. Oder er trifft mich.
Zumindest sieht er mich und ruft mir gleich hinterher, kommt auf mich zu – bereit für ein Pläuschchen.
Nachdem er erst einmal meine Kleidung argwöhnisch begutachtet hat, nickt er zufrieden und muss gestehen, dass ich doch ganz gut ausgerüstet sei. (Ja, junge Damen können sich durchaus alleine in der Wildnis zurecht finden. ;)) Dann beginnt er aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Er erzählt mir, dass er – obwohl er kein Englisch kann – alleine den Pilgerweg nach Santiago de Compostela gelaufen ist. Zumindest hatte er damit angefangen, bis just ein Todesfall in der Familie dazwischen kam. Trotz der Unterbrechung – und vor allem zur Überraschung seiner Frau – hat er es dann doch nochmal in Angriff genommen und ist ihn fertig gelaufen. Nochmal würde er es aber nicht brauchen, dazu sei er zu Heimat verwurzelt.
Als das Gespräch dann (wie sollte es auch anders sein) zu Corona pendelte, verabschiedete ich mich alsbald und nahm die letzten Kilometer in Angriff.

Erst an einer Landstraße entlang, wurde es etwas zäh… Doch bald wand sich der Weg wieder durch Wald und Feld, bis ich an der Therme in Bad Abbach heraus kam.
Viel zu früh, wie ich feststellte, kam ich dann bei meiner Herberge an.
In der Therme war ich leider nicht, obwohl ich das eigentlich vor gehabt hatte. Aber der Hunger war größer und wenn man den ganzen Tag durch Regen und Schnee gelaufen ist, die Klamotten und Haare nass, hat man irgendwann auch keine Lust mehr auf Wasser.
So wurde es eine heiße Dusche und ein warmes, kuscheliges Bett.

Abendessen: Vegi-Döner mit selbst gebackenem Pide. Nom! 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.